FLÄCHENMASS:
I. Allgemeines.
II. Metrische Flächenmaße.
III. Nichtmetrische Flächenmaße: A. Bezeichnung nach Arbeitspensum.- B. Bez. nach Hohlmaß.- C. Bez. nach Gewichtsmaß.- D. Bez. nach Längenmaß.- E. Bez. aus Kulturland-Appellativ.- F. Bez. aus Wert- bzw. Eigentum-Appellativ.- G. Bez. aus Bruchteil-Appellativ.- H. Bez. mit unterscheidendem Zusatz.- I. Bestimmung der Weinbergsgröße nach Zählmaß.
IV. Weinbauspezifische Flächenmaße.
V. Größenordnungen der Flächenmaße: A. Größen unter 1 Ar.- B. Größen über 1 Ar.
I. Allgemeines: Viele Anlässe weinbaul. Betriebsführg. - etwa Kauf, Verkauf, Pacht u. Verpachtg. (PACHT) eines Weinbergs, Kalkulation des Ertrags od. des Arbeitszeitbedarfs für Weinbergsarbeiten - erfordern eine genaue Kenntnis der Weinbergsgröße. Sie wird heute, wie die Größen landwirtschaftl. Nutzflächen überhaupt, in Quadratmeter, Ar (100m²) u. Hektar (100a) ausgedrückt. Diese Maßeinheiten sind relativ jung. Sie gründen letztl. auf den Beschlüssen des frz. Nationalkonvents in den 1790er J., die zur Einführg. des Grundmaßes Meter u. des darauf basierenden metrischen Systems führten. Dieses setzte sich seit Beginn des 19. Jhs. sukzessive in den meisten europ. Staaten durch u. gilt, tw. mit gewissen Übergangszeiträumen, seit 1815 in Luxemburg, 1840 in Frankreich, 1861 in Italien, 1863 in Serbien, 1872 im Deutschen Reich (1868 im Norddeutschen Bund), 1874 in Ungarn, 1875 in der Schweiz, 1876 in Österreich, 1883 in Rumänien, 1918 in der Sowjetunion, 1919 in Polen, 1924 in der Tschechoslowakei. Vor der Einführg. des metrischen Systems war das Maßwesen der Staaten u. Territorien geprägt v. einer gr. Vielfalt v. Maßsystemen tw. interferierender Reichweiten. Deren traditionelle Maßgrößen u. -bez. waren noch lange in Gebr. u. wurden bei Bedarf in das gesetzl. vorgeschriebene metrische System umgerechnet. Den GWP des WDW waren viele der nichtmetrischen Flächenmaße noch aus eigener Anwendg. od. v. Hörensagen bekannt. Allerdings bestand tw. Unsicherheit über die genauen Maßgrößen u. die Relationen der alten Maße untereinander bzw. zum mod. metrischen System.- II. Metrische Flächenmaße: Als Maße des metrischen Systems nennen die GWP gewöhnl. Ar u. Hektar mit entspr. Bruchteilen (Ar, Are, Hektar, Hektare, Halbhektar, Viertelhektar), nur vereinz. die Kleinmaße Quadratmeter u. Zentiar.- III. Nichtmetrische Flächenmaße: Im Allg. galten im Weinbau die auch sonst in der Landwirtschaft gebräuchl. Flächenmaße. Daneben gab es auch nicht aus Längenmaßen berechnete, sondern auf and. Einheiten beruhende Weinbergsmaße (s. III.I.), die hier aus pragmatischen Gründen mitbehandelt sind. Die alten nichtmetrischen Flächenmaße, wie sie v. den GWP noch gewusst waren, sind Relikte eines tw. ins Hoch- u. Frühmittelalter zurückreichenden Maßwesens, ihre Bez. vielfach sprachl. Reflex arch. Maßdenkens u. -gebrauchs. Die Maße sind im Folg. vorwiegend nach Benennungsmotiven bzw. Verwendungsweisen sortiert.- A. Bezeichnung nach Arbeitspensum: Als Flächenmaße referieren die Bez. Ertag, Jeuch, Jeuchlein, Joch, Juchert, Jucherte, Morgen, Mannwerk, Tagwerk, Tage- auf ein Stück landwirtschaftl. Nutzfläche, die 1 Arbeiter bzw. 1 Pfluggespann während eines Tages od. Tagesabschnitts bearbeiten kann. Die Bez. Graber II (Maß), Manngrab u. Mannshauet nehmen auf Tagesleistungen der Weinbergsarbeit Bezug u. referieren auf die Weinbergsfläche, die 1 Mann pro Arbeitstag mit der Hacke bearbeiten kann (BODENARBEIT), während sich Mannschnitz auf 1 Tagespensum beim REBSCHNITT bezieht.- B. Bez. nach Hohlmaß: Kübel, Metze, Metzen, Muttmal, Pinte, Sester, Strich sind eigtl. Hohlmaße. Als Flächenmaße nehmen sie Bezug auf die Aussaatmenge, die ein Hohlmaß fasst, bzw. auf das Stück Ackerland, das mit ihr eingesät werden kann. Dieser Bezug ist noch erkennbar in der Zusammenrückg. Starland, Ster- mit dem Hohlmaß Star, Ster als BW. Dagegen nimmt die nur einmal aus Siebenbürgen (RUMÄNIEN) vermeldete Bestimmg. der Weinbergsgröße mit dem Hohlmaß Eimer auf den Weinertrag Bezug (ein Weingarten v. 20 Eimer Wein).- C. Bez. nach Gewichtsmaß: Die Verwendg. v. Pfund als Flächenmaßbez. scheint v. einer Geldmengeneinheit (nach dem Gewicht der Münzen) auszugehen. In den einschlägigen Erhebungsorten ist das Maß nur im Weinbau gebräuchl.- D. Bez. nach Längenmaß: Die alten Längenmaße leiten sich v. menschl. Körpermaßen her (Fußlänge, Maß der ausgebreiteten Arme etc.), deren Einheiten wiederum auf Instrumente der Längenmessg. (Seil, Rute etc.) übertr. wurden. Bei der Verwendg. v. Längenmaßbez. als Flächenmaßbez. sind die Quadratwerte gemeint. In den Komposita Quadratfaden, Quadratkette, Quadratklafter, Quadratlafter, Quadratrute, Quadratschuh ist dies zum Ausdr. gebracht, doch sind im mündl. Sprachgebrauch Kurzw. mit Aussparg. des BW Quadrat- geläufiger: Faden, Gerte, Kette, Klafter, Lafter, Rute, Schuh. Ein umgekehrter Fall liegt bei Quadrat vor, das verkürzt ist aus Quadratklafter. Bei allen genannten Maßen handelt es sich um Kleinmaße, vergleichbar Quadratmeter im metrischen System.- E. Bez. aus Kulturland-Appellativ: In diese Kategorie lassen sich Acker, Gewann, Gewanne, Ganze Weingart u. Sessionfeld einordnen. Letztgenannter Terminus gehört in den Zshg. der öst.-ung. Ansiedlungspolitik des 18. Jhs., als Session Bez. war für ein bei der Ansiedlg. zugeteiltes Landstück.- F. Bez. aus Wert- bzw. Eigentum-Appellativ: Pfennigwert, Schatz.- G. Bezeichnung aus Bruchteil-Appellativ: Achtel, Desjatine, Dezimal, Dezimale, Dreiviertel, Halbe, Hundertstel, Sotich, Vierling I (Maß; Gerät), Viertel, Viertelchen, Vierzel, Zweitel. Die jeweils zugrunde liegenden Grundmaße sind den GWP tw. nicht mehr bekannt.- H. Bez. mit unterscheidendem Zusatz: Bez. dieser Art differenzieren Grundmaße nach unterschiedl. Kriterien. Mit den Zusätzen Halb- u. Viertel- werden Grundmaße nach Bruchteilen spezifiziert (Halbachtel, Halbacker, Halbjucherte, Halbmorgen, Halbvierling, Halbviertel, Halbvierzel, Halbweingart, Viertelweingart). Staatl. Neuordnungen u. Maßreformen des 19. Jhs. führten in Teilen der Geltungsareale v. Joch u. Morgen zu Konkurrenzen unterschiedl. Maßsysteme, denen auf der Bezeichnungsebene mit unterscheidenden Zusätzen begegnet wurde. So stehen sich gegenüber: Alte Joch u. Neue Joch (Maniersch in Siebenbürgen, RUMÄNIEN); Große Morgen u. Kleine Morgen (Groß-Umstadt, HESS. BERGSTRASSE, Ingelheim a. Rhein, RHEINHESSEN); in UNGARN u. im ehemals ung. BURGENLAND das amtl.-öst. Katastraljoch, Katastralische Joch (alternativ: Große Joch) u. das Ungarische Joch (alternativ: Kleine Joch, Ungarische Katastraljoch). Nach territorialstaatl. Geltg. sind spezifiziert Badische Jeuch, Badische Morgen, Fränkische Morgen, Hessische Morgen, Preußische Morgen, Württembergische Morgen, nach örtl. Geltg. Niersteiner Weingartsmorgen.- I. Bestimmung der Weinbergsgröße nach Zählmaß: Insbes. an der MOSEL war die Ang. der Weinbergsgröße nach der Anzahl der Rebstöcke gebräuchl. (Stock, Stockzahl, Stöck-). In BADEN u. SACHSEN war es tw. übl., die Weinbergsgröße mit der Anzahl der Pfahlhaufen (Haufen, Pfahlhaufen, Pfahls-, Pfähl-) zu bestimmen, wobei ein Pfahlhaufen je nach Konvention einer ganz unterschiedl. Zahl v. Rebstöcken entsprechen konnte (in BADEN lt. GWP 240 bis 300, lt. BadWB 2, 576 sogar bis zu 1.000 Stöcke). Im Kammertbau (KAMMERT) der PFALZ kannte man die Einheit Balken I (Holzbalken), wobei 1 Balken i.Allg. 5 Rebstöcken entsprach.- IV. Weinbauspezifische Flächenmaße: Die hinsichtl. Herkunft od. Verwendungsweise weinbauspezifischen Maßbez. sind hier zwecks besserer Übersicht noch einmal zusammengestellt: Graber II (Maß), Manngrab, Mannschnitz, Mannshauet (III.A.); Eimer (III.B.); Pfund (III.C.); Ganze Weingart (III.E.), Halbweingart, Viertelweingart (III.H.); alle in III.I. genannten Maße.- V. Größenordnungen der Flächenmaße: Nachfolgend sind die wichtigsten Grundmaße nach ihren Größen aufsteigend gelistet.- A. Größen unter 1 Ar: Quadratschuh (0,1m²), Quadratklafter (2-4m²), Quadratlafter (3m²), Quadratfaden (4m²), Rute (9-25m²), Gerte (25m²), Dezimal, Dezimale (34m²).- B. Größen über 1 Ar: Manngrab (2a), Pinte (2a), Haufen (2-4,5a), Pfund (3a), Schatz (4-6a), Mannschnitz (4,5a), Mannshauet (4,5a), Mannwerk (4,5a), Graber II (Maß) (7a), Starland, Ster- (7a), Sester (9a), Muttmal (14a), Pfennigwert (15a), Metze, Metzen (19,5a), Acker (20-25a), Morgen (20-36a), Scheffel (25a), Strich (28a), Tagwerk, Tage- (33a), Jeuch (36a), Juchert, Jucherte (36a), Joch (36-57a), Gewann, Gewanne (42a), Sessionfeld (43a), Kübel (43-47a), Ertag (57a), Ganze Weingart (84a), Desjatine (100a).-Lit.: Alberti 1957; HRG 3, 371ff.; Witthöft 1993/94; WKW 36/156ff. 37/167f.- R.P.

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