WEINBERG:
I. Der Weinberg allgemein.
II. Weinberge spez. Eigenart: A. Lage.- B. Größe u. Form.- C. Erziehungsart.- D. Rebsorte.- E. Bauform.- F. Rebenanordnung.- G. Besitz- u. Pachtverhältnisse.- H. Ertrag.- I. Brache od. Verwahrlosung.
III. Teile des Weinbergs.
I. Der Weinberg allgemein: Der Weinbergsbesitz ist die wirtschaftl. Grundlage des Winzers. Als Ort zahlr. Arbeiten der Reb- u. Bodenpflege (WEINBERGSARBEIT) steht der Weinberg einen gr. Teil des J. im Mittelpunkt winzerl. Wirtschaftens. Generell wichtig ist die Lagecharakteristik eines Weinbergs, die v. versch. Faktoren wie Hangneigg., Hangrichtg. (Exposition), Höhe über NN, Bodenart u. Kleinklima best. wird. Bezügl. der Hangneigg. ist die Einteilg. in Flach-, Hang- u. Steillagen geläufig. Von Flachlagen spricht man bei einer Hangneigg. bis 5% (= 5m Anstieg über einer waagerechten Strecke v. 100m). Sie werden i.Allg. als geringere Lagen angesehen. Als Hanglagen werden Flächen zw. 5 u. 30% Steigg., als Steillagen solche ab 30% bez.; Steilstlagen mit Gefällen bis zu 100% finden sich z.B. in den engen Flusstälern an Mittelrhein u. Mosel, in der Südschweiz u. in Südtirol. Im Allg. sind Hanglagen mit Süd-, Südwest- u. Südostexposition bevorzugt; nach W u. O geneigte Flächen werden als Lagen mittlerer Güte, Nordhänge als für den Weinbau ungeeignet eingestuft. Bezügl. der Energieaufnahme gelten nach Süden geneigte, mittags nahezu senkrecht v. der Sonneneinstrahlg. getroffene Steillagen als optimal. Weiteres Kriterium der Lagequalität ist die Höhenlage, da mit zunehmender Höhe über NN die Jahresmitteltemperatur absinkt. Der neg. Einfl. der Höhenlage kann jedoch v. and. Standortbedingungen kompensiert werden. Generell verschiebt sich die Höhengrenze der Weinbaugebiete mit zunehmender Äquatornähe nach oben: Im Rheingau u. an der Mosel liegen die höchsten Weinberge bei 300m, im bad. Markgräflerland bei 480m u. am Hohentwiel unweit des Bodensees bei 550m. In Südtirol reicht die Anbaugrenze bis 800m. Bei Visperterminen im WALLIS ermöglichen klimatische Sonderbedingungen Weinbau (mit der Rebsorte Heida) bis in 1100m Höhe, dem in Europa nur noch Lagen an Ätna u. Vesuv gleichkommen. In den ehemals sprachdt. Weinbauorten Südosteuropas fand Weinbau vielfach in Flachlagen statt. Aufgrund der andersartigen, meist kontinentalklimatischen Verhältnisse mit sehr heißen Sommern gelten hier and. Bewertungskriterien der Weinbaulagen.- Zur gewöhnl. Ansprache des Weinbergs steht in der Winzerspr. ein Inventar großräumig geltender Weinbergsbez. zur Verfügg., das im binnendt. Sprachraum eine charakteristische Arealstruktur aufweist. Weingarten bzw. die zugehörige Nf. Wingert (Weingart, Weingarten, Wingert) gelten in den Weinbaugebieten an Ahr, Mosel, Nahe, Mittelrhein, Main, Neckar, in Schlesien, Nordböhmen, Südmähren, Österreich u. Südtirol sowie in zwei kleineren Arealen westl. u. südl. des Bodensees. In den Weinbaugebieten an Elbe, Saale u. Unstrut sagt man stattdessen Weinberg. Am Oberrhein (Elsass, südl. Baden) u. in der Schweiz hingegen ist der koll. Pl. Reben (Rebe) die verbreitetste Weinbergsbez. Sie stellt sich bes. in Wendungen wie in die Reben gehen, in den Reben schaffen ein. Soll spez. das Weinbergsgrundstück angesprochen sein, benutzt man gerne die Függ. ein Stück Reben (Stuck, Stück), wofür häufig auch Rebstück (Rebstuck, Reben-, -stück) gesagt wird. Im alem. Sprachraum gleichfalls weit verbr. ist der Ausdr. Rebberg. Von den genannten Weinbergsbez. ist Weingart, Weingarten, Wingert auch in den außendt. Sprachinseln weithin bestimmend geworden, während Weinberg nur vereinz. u. kleinräumig arealbildend wirkte (z.B. im ehemals ung. Sathmargebiet). Ein bes. Rebgarten-Areal hat sich in den sprachdt. Kolonien westl. Odessa ausgebildet. Gegenüber den genannten treten and. Termini für den Weinberg bzw. das Weinbergsgrundstück quantitativ zurück (Anlage, Beet, Berg, Bletz, Bletze, Garten, Jahn, Leite I (Hang), Parzelle, Pergel, Quartier, Rebbeet, Rebbeetlein, Rebbletz, Rebfläche, Rebgelände, Rebland, Träubelfeld, Traubengarten, Traubenstuck, -stück, Weingartsberg, Weingartsstück, Weingut, Weinhof, Weinstuck, Weintraubenberg, Weintraubengarten). Eine Besonderheit des öst. Raumes sind Bez. für Weinbergsbezirke wie Birge, Gebirge, Weinbirge, Weingebirge, Ried II (Gebiet), Weinried u.Ä. Mit Birge, Gebirge ist i.d.R. das ges. Rebland einer Gde. gemeint. Diese Bed. kann auch Ried zukommen, doch bez. es häufiger die Unterabteilungen eines Weingebirges.- II. Weinberge spez. Eigenart: Zur Kennzeichng. der bes. Charakteristik eines Weinbergs hinsichtl. konkreter u. abstrakter Merkmale wie Lage, Größe, Form, Rebsorte, Erziehungsart, Besitzverhältnisse, Pflegezustand etc. hält die Winzerspr. eine breite Palette meist allerdings nur kleinräumig od. lokal geltender Bez. bereit.- A. Lage: Tw. wird mit spezifischen Bez. unterschieden zw. dem Weingarten am Hang (Berg, Berggarten, Berlage, Bergweingart, -en, Buckel, Halde, Hälde, Haldenberg, Haldenweingart, Hanglage, Hangweingart, Henk I (Hang), Höhweingart, Hübel, Hübelweingart, Leite I (Hang), Rebberg, Rebbuckel, Rebhalde, -hälde, Rebhang, Riegelweingart, Steilweingart, Stotzige, Weinberg, Weingarthübel, Weingartsberg, Weingartsbuckel, Weinhang, Weinlehne) u. dem Weingarten in der Ebene (Ackerweingart, Bauchquetsche, Bodenlage, Bodenrebe, Bodenweingart, Ebenetweingart, Feld, Feldweingart, Flachlage, Flachweingart, Grundweingart, Rebland, Schlechte, Stoß, Talweingart, Tschapoweingarten, Weinacker, Weinstoß). Verschiedentl. weisen die GWP auf die mindere Güte tiefer, durch Spätfröste gefährdeter Flachlagen (Frostlage) hin, etwa in NIEDERÖSTERREICH, wo solche Weingärten abschätzig Suttenweingart heißen. Häufig genügt jedoch die Lagekennzeichng. mit Hilfe der Terminologie für 'Hang' bzw. 'Hügel, Berg' (Abhang, Anleine, Berg, Berglein, Buckel, Bühl, Gähe, Halde, Hälde, Hang, Hoger, Hübel, Lehne, Leine III (Lehne), Leite I (Hang), Rain, Rech, Riegel I (Holz), Schelche, Schlattrain, Seite, Steilhang, Stutz, Weingartlehne) u. 'ebenes Gelände' (Boden, Ebene I (f.), Ebene II (n.), Ebenet, Ebening, Ebing, Feld, Flächde, Gerade, Gewann, Gewanne, Gleichde, Gleiche, Gleichene, Grund, Land, Mulde, Sutte, Tal, Teufe). Dazu treten Bez. für den außergewöhnl. steilen Weinberg (Bergrebe, Mordsrain, Nabelschinder, Rütsche II (Berg), Saubuckel, Steillage) u. adj. Kennzeichng. der ebenen Lage (eben, flach, gerade, glatt, gleich, schnureben, schön, tief) od. der ansteigenden bzw. steilen Lage (abhängig, anlägend, bergig, buckelig, gäh, haldig, hängen, hängig, högerig, schelch, schepp, steil, stotz, stotzig). Einen Weinberg auf einer best. Art v. Tonschieferboden nannte man in RHEINHESSEN Kiesweingart.- B. Größe u. Form: Grundstücksgröße u. -form v. Weingärten sind selbstverständl. individuell sehr verschieden. Bez. für den auffallend gr. Weinberg (Art II (Weinberg), Batzen, Berg, Blahe, Bleuel, Breite, Fatzen, Fecken, Fetzen, Fläche, Fladen, Flärre, Flatsche, Flätsche I (Stück), Fleck, Flecken, Fleckweingart, Flüge, Flügel, Juchert, Jucherte, Lap, Lappen, Mordsflecken, Placken, Pladder, Platte, Platz, Plauze, Rebberg, Rebgelände, Rebgut, Rebhang, Tafel, Terrain, Trumm, Weinanlage, Weinbesitz, Weingartanlage, Weingartsberg, Weingut, Winzerei) speisen sich meist aus der reg. od. lokalen Lexik für 'etw. Großes, Breites' od. spezifizieren gängige Weinbergs-, Grundstücks- od. Flächenbez. mit einem entspr. Adj. (breit, fein, groß, mordsgroß, nett, recht, schön, toll, tüchtig) od. einem verstärkenden Zusatz (Endsflüge, Endsweingart, Mordslappen, Mordsstück, Riesenweingart). Der bes. kl. Weinberg (Armeleutsweingart, Beetlein, Bitz, Bröckelein, Chörchen, Eckchen, Eckelchen, Ecklein, Flecklein, Flecke-, Garten, Grötzlein, Halbviertelchen, Item, Itemchen, Lappen, Metzenweingart, Möckelein, Mundvoll, Mümpfelein, Örtlein, Parzellchen, Placken, Punt II (Raum), Rebberglein, Rebbletzlein, Rebstücklein, Schurpe II (Weinberg), Setzlein, Stückelti, Stücklein, Stücke-, Tagwerk, Tage-, Taschentuch, Töchterlein, Weinberglein, Weingärtchen, Weingärtlein, Weingartsfetzen, Weingartsstückelchen, Zipfel, Zipfelein) wird meist durch Dim., durch Ausdr. für 'etw. Geringes' u./od. ein entspr. Adj. (klein, letz, schmal) charakterisiert. Auf die Form der Weinbergsparzelle nehmen metaph. Ausdr. für den bes. schmalen Weingarten Bezug: Bändelchen, Hachse, Handtuch, Hosenhachse, Strumpfbändel; spitz zulaufende Parzellen werden spießeckig od. spitzig genannt.- C. Erziehungsart: Mit wenigen Ausnahmen beherrschen heute die Drahtanlagen (DRAHTRAHMEN) mit ihren der maschinellen Bearbeitg. angepassten Erziehungsweisen das Bild der Weinberge. Dagegen waren im älteren Weinbau die landschaftl. Unterschiede der Reberziehg. (KAMMERT, PERGEL, PFAHL) noch stärker ausgeprägt. Verschiedentl. ist noch eine terminologische Differenzierg. zw. Weingärten älterer u. jüngerer Erziehungsart fassbar. Bez. für Weingärten mit Pfahlerziehung sind: Garten (in der Verbindg. alter Garten), Pfahlweingart, Pfähl-, Pfähls-, Rähmweingart, Spachenweingart, Stachweingart, Steckenrebe, Steckenweingart, Stickelweingart, Stockberg, Stockstück, Stockstücklein, Stockweingart, -en; für Weingärten mit Kammerterziehung: Balkenweingart, Kammert, Kammertweingart, Stiefelweingart; für Weingärten mit Drahterziehung: Drahtrebe, Drahtstücklein, Drahtweingart, Plankenweingart, Spalier; für Weingärten mit Lattenspalieren: Gartenweingart, Lattenweingart.- D. Rebsorte: Außer Benennungen nach der angepflanzten Rebsorte (Amiweingart, Bouvierweingart, Gutedelbeet, Hybridenweingart, Meunierstücklein, Portugieserweingart) finden sich auch solche nach der früher verbr. Praxis der Pflanzg. im Mischsatz (Mischling, Mischweingarten).- E. Bauform: Auf Weinberge mit Abstufungen u. Terrassen (WEINBERGSTEIL) nehmen Bezug Mäuerleinsweingart, Schorrenweingart, Tafelweingart u. Terrassenweingart. Aus Ligerz am Bieler See (BERN) wird die Besonderheit durch Landaufschüttg. am See gewonnenen Reblandes vermeldet (Büre, Bürerebe).- F. Rebenanordnung: Im älteren Weinbau tw. übl. Weinberge ohne lineare Ausrichtg. der Rebstöcke in Zeilen hießen Alte, Durcheinander, Durcheinanderweingart, Stockberg.- G. Besitz- u. Pachtverhältnisse: Auf Pers. od. Institutionen als Weinbergsbesitzer verweisen Allmende, Bauernweingart, Burgerrebe, Heimweingart, Herrenweingart, Kirchenweingart, auf in PACHT gegebenes Rebland Drittelrebe, Ertragsweingart, Pachtrebe, Pachtweingart.- H. Ertrag: Im Ggs. zur Junganlage (NEUANLAGE), die in den ersten J. nur eingeschränkten Ertrag liefert, bez. man einen den vollen Ertrag liefernden Weinberg als Ertragsweingart.- I. Brache od. Verwahrlosung: Im älteren Weinbau war es übl., einen gerodeten Weinberg vor der Neubepflanzg. (NEUANLAGE) mehrere J. als Brache ruhen zu lassen (brachliegen, drieschliegen, fricheliegen). Weinbergsbrachen findet man aber auch dort, wo Rebflächen wegen Unrentabilität aufgegeben wurden. Dies ist heute insbes. bei den früher angelegten, kleinflächigen Terrassenparzellen in Steillagen der Fall, die bes. arbeitsintensiv u. der maschinellen Bearbeitg. unzugängl. sind. Die Bez. des brachliegenden Weinbergs mischen sich tw. mit jenen für den verwahrlosten, vernachlässigten, schlecht gepflegten, mit Unkraut bewachsenen Weinberg, der mitunter mit drastischen pej. Ausdr. bedacht wird (Abgängige, Abgegangene, Aufgelassene, Baumgart, Brache, Brachland, Dreckstück, Driesch, Driescht, Drieschweingart, Egerte, Elende, Eller, Gälte, Gelump, Gelümpe, Gelumpet, Gespött, Heckennest, Irre, Lumpengütlein, Lumpenweingart, Mistgestätte, Misthang, Nachlässige, Ödei, Ödung, Parlag, Pussta, Reute, Rodbalkweingart, Sauerei, Saustall, Sauwinkel, Schandfleck, Schlamper, Schlampert, Schruppe, Vergammelte, Verliederigte, Verkommene, Vernachlässigte, Versaute, Verwahrloste, Weinbergruine, Wilde, Wildnis, Wust, Wüste I (f.), Wüste II (n.), Wustenei, Wüst-, Wustfeld, Wuststück; arbeiten, auflassen, besorgen, derwilden, drieschliegen, grasig, gräsig, herunterkommen, kümmerlich, liederig, liederlich, mager, Malora, minder, nachlässig, öde, parlag, pusstig, schaffen, schlampet, schlarket, schlecht, unbearbeitet, unterhalten, verbeiern, verdrecksen, verfallen, vergammeln, vergrasen, verhinlässigen, verhungern, verkommen, verkummern, -kümmern, verlassen, verlausen, verliederigen, verliederlen, verliedern, verlottern, verludern, verlumpen, vernachlässigen, verpfladern, verrecken, versauen, verschlampern, verwahrlosen, verwahrtäckeln, verwildern, verwüsten, wasig, wild, wust, wüst).- III. Teile des Weinbergs: Zu Rebzeilen, -gassen, Wegen, Grenzen, Terrassen u. and. Teilen u. Strukturen des Weinbergs s. WEINBERGSTEIL.-Lit.: BrockhWein 2005, 481f.; Dornfeld 1864, 68ff.; Gollmick u.a. 1980, 45ff.; Höfflin 1983, 62ff.; Müller K. 1930, 455f. 921f.; Puhl 2008, 451ff.; Resch 1980, 18ff.; Schumann 1998, 120. 130; Scheu 1950, 38ff.; Regner 1876, 84ff.; Vogt/Schruft 2000, 73ff.; WKW 29/123ff. 30/126ff.- R.P.
Weinberge in Boppard
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Weinberge
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